Unsere Branche erlebt herausfordernde Zeiten – aber immerhin läuft gute Musik dabei. Das wäre die kürzeste denkbare Zusammenfassung für den Status der deutschen und internationalen Musiklandschaft, die sich beim 18. Reeperbahn Festival (RBF) wieder die Klinke in die Hand gedrückt hat. 457 Konzerte und 350 Programmpunkte später bleibt festzuhalten: Schön war's, musikalisch, zwischenmenschlich und beruflich, denn nirgendwo sonst erhält man ein so konzentriertes Bild über die Verfasstheit eines oft unterschätzten Wirtschaftszweigs. Unseren ganz persönlichen Blick auf das RBF und die Branche lest ihr hier.

„Vor allem kleinere Venues und Clubs müssen besser gefördert werden, weil sie für die Nachwuchsarbeit unverzichtbar sind.“ Das forderte unser CEO und Gründer Folkert (Koopmans), der Musikjournalist Manfred Tari ein ebenso ehrliches wie informatives Interview gegeben hat. Dabei ging es um seinen Weg von der One-Man-Show zum pan-europäischen Unternehmen, das heute nach wie vor Nachwuchsarbeit betreibt und gleichzeitig die größten Namen der Musikbranche unter Vertrag hat. Warum die Förderung von kleinen Venues wichtig ist, personifiziert wohl niemand so treffend wie Ed Sheeran: Für seine Konzerte sind mittlerweile selbst Arenen zu klein, aber angefangen hat auch er in Bars oder Clubs, und auch damals hat Folkert bereits mit ihm zusammengearbeitet. Es sind solche langfristigen Beziehungen, die für ihn nicht nur erfüllend sind, sondern auch Erfolg bedeuten. Erfolg, der in Zeiten von explodierenden Kosten (Krieg, Corona, Inflation), immer seltener wird. Erfolg, für den insbesondere kleinere Acts und Newcomer sehr viel härter arbeiten müssen, weil das Publikum derzeit gerade bei kleineren Shows zu sparen scheint. Daher brauche es wirksame und intensive Kulturförderung dort, wo neue Musik-Legenden entstehen. Und nicht zuletzt braucht es neue Ideen junger Leute, denn die größten Promoter, da möchte ich den Chef direkt zitieren, seien „old farts“ – ihn selbst eingeschlossen.

Um Kulturförderung vor einem anderen Hintergrund ging es auch im Panel mit unserem CEO Stephan (Thanscheidt), der auf dem Green Culture Summit vor Staatssekretär Michael Kellner klarmachte, „dass es kein unternehmerisches Risiko sein darf, sich nachhaltig zu verhalten“. Denn während beispielsweise Großkonzerne aus der Schwerindustrie mit Milliardenbeträgen bei ihren Transformationsbemühungen hin zu mehr Klimaschutz unterstützt werden, gibt es für die Konzertbranche mehrheitlich gerade einmal Beratungsangebote. Schade eigentlich, denn gerade beim Thema Nachhaltigkeit ist Musik absolut systemrelevant, um ein Wort aus einer Zeit zu benutzen, die unsere Branche immer noch nicht abschütteln konnte. Ein Beispiel dafür sind Musikfestivals. Hier passiere, so Stephan, unglaublich viel. Die guten Ideen und teuren Maßnahmen schultern wir selbst, weil es uns ein Anliegen ist. Aber auch das kann sich nicht jeder leisten, selbst wenn der Wille da ist. Und auch wenn der Fußabdruck der Kultur verglichen mit anderen Industrien winzig ist, kommt unserer Branche eine Schlüsselrolle für die gesellschaftliche Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit zu. Denn gerade Festivals und Livemusik seien in der Lage, junge Menschen auf positive Weise für das Thema zu sensibilisieren: Als lebensfrohe Beispielgeber für praxisbezogene und gelebte Nachhaltigkeit, und nicht als Mahner mit erhobenem Zeigefinger.

Apropos Festivals: Auch die Panels zum deutschen und internationalen Festivalsektor kreisten thematisch um steigende Produktionskosten und Ticketpreise oder die zunehmende Häufigkeit von Extremwetter. Steigende Versicherungspolicen für letzteres sind übrigens ein plastisches Beispiel dafür, wie das eine das andere bedingt.

Dass unsere Festival-Flaggschiffe Hurricane und Southside in dieser schwierigen Gemengelage im Sommer 23 einen Vorverkaufsrekord gefeiert haben, ohne dass wir auch nur einen Act angekündigt hätten, konnten wir zum Reeperbahn Festival natürlich nicht so stehen lassen:

Für das Hurricane und Southside 2024 haben sich bislang Ed Sheeran, Bring Me The Horizon, K.I.Z und Avril Lavigne angekündigt.

In diesem Sinne: Wir freuen uns auf alles, was 2024 bringt, Herausforderungen und das nächste Reeperbahn Festival inklusive.

Cover-Foto: K.I.Z beim RBF 2023; Christian Hedel, Reeperbahn Festival