Daniel Schlatter ist Rechtsanwalt, Mediator und ein Allrounder im Veranstaltungswesen. Bereits während des Studiums sammelte Schlatter praktische Führungserfahrungen in den Bereichen Veranstaltungs- und Veranstaltungsverkehrsmanagement. Auf dieser Basis qualifizierte er sich zum Verantwortlichen für Veranstaltungstechnik und zum Experten für Veranstaltungssicherheit. In der Praxis bringt er sein juristisches und veranstaltungsorganisatorisches Knowhow zusammen, zum Beispiel als Veranstaltungsleiter, als Berater für Behördenkooperation, als Sicherheits- und Verkehrsplaner und in der speziell auf die Veranstaltungsbedürfnisse ausgerichtete Vertragsgestaltung.  In der Coronakrise wurde das Thema Hygieneschulung für Veranstaltungsunternehmen für ihn und sein Team immer wichtiger. Wie es dazu kam, was er in seinen Schulungen vermitteln möchte und wo er die Herausforderungen für Veranstaltungen in der Zukunft sieht, hat er uns erzählt.

Daniel, normalerweise sehen wir uns auf unseren Festivals, was ist da deine Aufgabe?

Auf euren Festivals bin ich meistens für die Verkehrsplanung und das Verkehrsmanagement zuständig. Bei anderen Veranstaltungen bin ich aber auch Veranstaltungs- und Produktionsleiter oder übernehme die Sicherheitsplanung oder organisiere die Zusammenarbeit zwischen Behörden und Veranstaltenden.  

Wie sah dein letztes Jahr ohne größere Veranstaltungen aus?

Letztes Jahr war ich zunächst viel in der Kanzlei und habe Veranstaltungen abgewickelt – keine sehr schöne Aufgabe, aber gleichwohl war das wichtig.  Mit Beginn der Lockerungen stellte sich immer mehr die Frage, wie es weiter gehen kann. Wir hatten die Antworten, und so kamen immer mehr Hygieneschulungen für Veranstaltungsunternehmen dazu.  

Daniel Schlatter

Ein Anwalt, der Hygieneschulungen gibt?

Die rechtliche Dynamik ließ das naheliegend erscheinen. Und: Hygiene ist schon immer ein Sicherheitsthema gewesen – Stichwort Norovirus. Ich habe dann letztes Jahr die Zeit des Lockdowns genutzt und einen Vertiefungskurs mit Blick auf Corona gemacht. Dabei habe ich festgestellt, dass es in den Überlegungen der Dozierenden überhaupt keinen Bezug zu Veranstaltungen gab. Wir haben dann mit anderen Veranstaltungs-, Sicherheits- und Hygieneexperten die Köpfe zusammengesteckt und ein Schulungsformat speziell für die Veranstaltungsbranche entworfen. Die meisten Schulungen fanden dann auch in Präsenz statt – zum Beispiel in großen Hallen wie der Mercedes Benz- oder der Barclay-Card-Arena. Es ging ja speziell darum, zu zeigen, dass es möglich ist, Veranstaltungen sicher durchzuführen. Da war der unmittelbare Eindruck vor Ort sehr hilfreich – wo gibt es Engpässe, welche Flächen werden von vielen angefasst, wie funktioniert das Abstandhalten. Auf Basis dieser Erfahrungen wurden dann von den Teilnehmenden über den Sommer und im Herbst auch viele kleinere und größere Veranstaltungen erfolgreich und sicher durchgeführt.

Wir haben so einen Hygiene-Workshop mit dir virtuell gemacht, wie würdest du unsere gemeinsame Arbeit beschreiben?

Da mir wie oben beschrieben der praktische Teil, das Erleben wie sichere Veranstaltungen aussehen können, sehr wichtig ist, habe ich es sehr bedauert, dass wir irgendwann auf digitale Schulungen ausweichen mussten. Dennoch ist es uns mit euch gelungen, dieses neue Thema anders anzugehen, als wie wir es alle aus den Medien kennen. Wir haben zusammen erarbeitet, wie jede*r für seinen/ihren Tätigkeitsbereich Ansätze finden kann, mit der Situation und den entstehenden neuen Herausforderungen umzugehen. FKP Scorpio hat jetzt eine ganze Reihe von Mitarbeitenden, die sicher und kompetent sind in der Planung und Umsetzung von Veranstaltungen unter Berücksichtigung besonderer Hygieneschutzvorschriften bezüglich Sars-Cov-2. Die auch Konzepte anderer bewerten und einschätzen können und die wissen, mit wem im Team sie sich beraten können, wenn Fragen aufkommen.  

Was hast du aus all diesen Erfahrungen gelernt?

Ich habe gelernt, dass Infektionsschutz und Hygiene-Management bei Veranstaltungen zumindest methodisch nichts anderes als Sicherheitsmanagement ist. Das macht es für Menschen, die sich sowieso schon mit Sicherheitskonzepten auskennen, leichter anzusetzen und weniger abstrakt. Es ist einfach eine neue Herausforderung für die Veranstaltungswelt, wie es auch zum Beispiel in Folge der Love Parade oder von Unwettern oder nach den Terroranschlägen neue Sicherheitsherausforderungen gab, die mit klaren Zielsetzungen und gründlichen Risikoanalysen sowie fundierten Konzepten gelöst werden können.  

Was ist für dich die größte Herausforderung, um wieder sicher veranstalten zu können?

Es hat sich im letzten Jahr viel geändert. Zum einen auf personeller Ebene: Viele Fachleute haben die Branche gewechselt und stehen nicht mehr zur Verfügung. Auf der professionellen Ebene darf man auch nicht vergessen, dass die Struktur im Veranstaltungssektor ein Jahr lang brachgelegen hat. Da sollte man frühzeitig für Planungssicherheit bei den Dienstleistungsbetrieben sorgen und alle rechtzeitig ins Boot holen. Organisatorisch und technisch werden sicherlich neue Tools und Maßnahmen den Besuch eines Events verändern. Angefangen beim Ticketkauf über das kontaktlose Bezahlen bis hin zu Hygienemaßnahmen auf der Veranstaltung, … Und dann ist da noch der Faktor Mensch: Wie viel Nähe werden die Menschen wieder akzeptieren? Brauchen wir mehr Platz? Wie organisieren wir Anstellbereiche? Dann denke ich, es bedarf Geduld und intensiver Kommunikation in Richtung Publikum, um die verschiedenen Bedürfnisse und Unsicherheiten aufzufangen und das Vertrauen wieder aufzubauen. Ich denke, die Psyche des Menschen ist die größte Herausforderung. Angefangen beim Kauf der Tickets bis zum Umgang vor Ort. Da hat FKP Scorpio sicherlich einen Vorteil, da das Unternehmen schon immer im Bereich Sicherheitskommunikation ein Leuchtturm war und ein entsprechendes Vertrauen besteht.  

Unabhängig von einzelnen Großveranstaltungen wie Festivals machen es die unterschiedlichen Corona-Verordnungen der Länder gerade sehr schwierig, zum Beispiel eine Tournee zu planen. Überall gelten andere Vorgaben was Kapazitäten angeht, oder es ist fraglich, ob überhaupt schon Veranstaltungen erlaubt sind. Siehst du da eine Entwicklung?

Das stimmt, der Föderalismus macht es Veranstaltenden  bundesweit gerade nicht einfach. Aber auch Politik lernt dazu. Es ist richtig, Rücksicht auf die jeweilige regionale Situation zu nehmen. Aber es braucht einheitliche Vorgaben. Darum bin ich aktuell optimistisch, dass man mit einheitlicheren Vorgaben auch wieder Tourneen planen kann.

Worauf freust du persönlich dich am meisten, wenn es wieder losgeht?

Ich freue mich am meisten, wenn die Logistik und der ganze „Zirkus“ wieder losgehen. Zu sehen und daran mitzuwirken, wie in ein paar Tagen wieder eine ganze Stadt auf einem Acker entsteht, viele Menschen zu treffen, unterwegs zu sein – darauf freue ich mich am meisten.