Das M'era Luna war schon immer mehr als Bühnen und Bierstände. Das größte Gothic-Festival Europas feiert die Musik, Kultur und Ästhetik der Schwarzen Szene. Deshalb war es nur konsequent, dass das Design genauso vielfältig ist wie das Angebot aus Musik, Workshops und Kultur vor Ort. Daher steht das Festival ab jetzt in jedem Jahr im Licht (oder besser gesagt: Schatten...) einer anderen mythischen Gestalt, die wir Ikonen nennen, und von denen "Kyberos" ein erster Herold ist. Hintergründe zur Rahmenhandlung veröffentlichen wir Schritt für Schritt im Ikonomicum, heute sprechen wir mit dem Graphic Designer Sascha von Written In Black Designworks über seine Arbeit und seine ziemlich ungewöhnliche Jobkombination.
Sascha, Du bist der Mann hinter dem neuen M’era Luna-Design. Aber… Wer bist Du überhaupt?
Kurz gesagt bin ich durch die eigene Musik ins Graphic Design gerutscht. Ich habe nach meiner Realschulzeit eine berufliche Richtung gesucht und hatte damals genauso wie heute zu viele Interessen, als dass ich genau wusste, wo es mal mit mir hingehen soll. Letztendlich bin ich dann Mediengestalter geworden, was gut passte, da ich schon von klein auf gezeichnet habe. Meine ersten Erfahrungen habe ich bei der Boardstein gesammelt, einem Skateboard-Magazin aus Dortmund. Das war eine tolle Zeit und hat mir eine Menge Spaß gemacht. Aber im Laufe der Zeit habe ich gemerkt, dass die Agenturarbeit nicht das Richtige für mich ist. Dann habe ich Zivildienst gemacht und den sozialen Bereich kennengelernt. Mittlerweile bin ich stellvertretender Leiter einer Kindertageseinrichtung in Dortmund – das ist mein Hauptberufsfeld. Aber dadurch, dass ich immer mit mehreren Bands Musik gemacht habe, hatte ich für Promo oder Artworks trotzdem noch viel mit Grafik und Design zu tun.
In der Musikszene haben sich viele Kontakte ergeben, sodass sich die Aufträge langsam aber sicher gehäuft haben. Seitdem mache ich das quasi nebenberuflich – vielleicht manchmal sogar mehr als das (lacht). Aber es ist halt eine Sache, die mir mega Spaß macht und ich bin immer in der Lage, frei zu entscheiden, welche Jobs ich annehme. So kann ich mir die Arbeit ohne größeren Stress aufteilen.
…es sei denn, das größte Gothic Festival Europas hat zufällig deine Arbeiten gesehen und findet sie so gut, dass sie ein komplett neues Design für mehrere Jahre in Auftrag geben. Und das alles bitte bis gestern!
(lacht) Ok, dann wird vielleicht schon mal eine Spätschicht fällig, stimmt…
Erzähl’ mal, wie gehst du an die Designs ran? Von uns hast Du für jeden Charakter eine Hintergrundgeschichte und ein paar Fotos bekommen. Und dann?
Für mich sind solche Aufträge sicher nicht alltäglich – im positiven Sinn. Bei vielen sonstigen Arbeiten geht es um ganz andere Produkte wie Merchandise oder Alben-Artworks, bei denen ich weniger künstlerische Freiheit habe. Eure Ideen und Vorschläge haben mich sofort angesprochen, auch weil ich für mich selbst eine Herausforderung gesehen habe: Jeder Charakter besteht aus unzähligen Elementen und ist in eine eigene Welt eingebettet, da bieten sich mir sehr viele kreative Möglichkeiten. Das ist für mich eine sehr spannende Sache, bei der ich Dinge ausprobieren kann, die ich sonst nirgends realisieren könnte. Auch wenn euer Auftrag sehr aufwendig ist, kam er mir sehr entgegen. So kann ich endlich Dinge ausprobieren, die ich immer schon mal machen wollte! Ich freue mich jetzt schon auf die anderen Charaktere.
Welche das sind, behalten wir aber für uns. Kyberos ist aber schon veröffentlicht und sieht einfach toll aus. Dein Stil ist sehr besonders und erinnert an düstere Kupferstiche mit einem modernen Twist. Wie genau erreichst du das?
Künstlerisch habe ich mich insbesondere im letzten Jahr in eine bestimmte Richtung entwickelt, weil ich meine Arbeitsweise grundlegend geändert habe. Davor habe ich viele Stile ausprobiert, aber jetzt glaube ich, am Ziel zu sein. Der Stil besteht aus einer fotografischen Grundlage, die nach meiner Bearbeitung eigentlich komplett handgezeichnet aussieht. Der Effekt einer Illustration entsteht vor allem durch das Nachkolorieren und das Zeichnen von kleinen Details, die mit einer Retusche vergleichbar sind. Dafür nutze ich ein Zeichentablet, auf dem ich neue Details und Texturen hinzufüge. Zum M’era Luna passt das wie die Faust aufs Auge, deshalb sind wir denke ich sehr schnell auf einen gemeinsamen Nenner gekommen.
Das ging uns genauso! Sag mal, passen wir eigentlich auch musikalisch so gut zusammen? Was machst Du privat für Musik?
Ich kannte das M’era schon, und als Metal-Drummer ist es mir musikalisch alles andere als fremd, auch wenn ich nicht zur Kernzielgruppe gehöre. Mit Metal-Genres gibt es aber zahlreiche Überschneidungen in Musik und Ästhetik, und im Dialog mit euch Szenekennern und durch die Vorschläge, die ihr online in der Besucherumfrage gesammelt habt, konnte ich mir ein genaues Bild der Szene machen.
Danke für deine Zeit, Sascha. Bis bald in Hildesheim!