Talking 'bout my Generation: Hurricane-Talk mit Inga und Jasper in Scheeßel
Wie geht der Song noch gleich? "Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist" – Beim Hurricane-Talk in Scheeßel ist das gleich zweimal passiert. Das ist tatsächlich ziemlich schlimm, spricht aber sehr für das Publikum, könnte man sagen. Auch sonst hatte der Abend, an dem unsere Kollegen Inga Rossbach und Jasper Barendregt rund 70 Interessierten in der Scheeßeler Beeke-Schule Rede und Antwort standen, einige Überraschungen parat.
"Talking 'bout my Generation" heißt die Infotainment-Reihe von Bobby Meyer, Reinhard "Luffy" Lüdemann und Thomas Voß, in der die drei Entertainer im Rahmen der Kulturinitiative Scheeßel über verschiedene Themen sprechen. Warum es dieses Mal um das Festival geht, das seit 1997 genauso zu Scheeßel gehört wie das Wacken zu Wacken, war schon die erste interessante Geschichte des Abends: Jasper, der vor Ort als Festivalleiter alle Fäden in der Hand hält, wurde nach einer Behördenbesprechung spontan zum Woodstock-Abend der Reihe eingeladen und stellte sich dort schnell als kompetenter Ansprechpartner für alle Fragen rund um die Organisation und Durchführung von Festivals heraus. Die Idee für einen Hurricane-Abend war geboren – und musste coronabedingt zweimal verschoben werden, aber darin haben wir Kulturschaffenden ja mittlerweile Übung.
Das Konzept: Die vielen kleinen erzählenswerten Geschichten herauszuarbeiten, ohne alle Jahre der gut 25-jährigen Festivalgeschichte chronologisch durchzureiten. Wobei die Geschichte des Hurricane ohne einen kleinen Ausflug ins Jahre 1977 nicht komplett wäre: Das "First Rider Open Air" hatte nichts mit unserem Festival zu tun, hätte es aber fast trotzdem unmöglich gemacht: Von 21 Bands kamen nur fünf, der Veranstalter brannte mit der Kasse durch, und seine Gäste dankten es ihm mit dem Abbrennen der Hauptbühne. Das First Rider hat Scheeßel auf diesem Wege sogar in die Tagesschau gebracht, und dass hier überhaupt jemals wieder eine Bühne aufgebaut werden durfte, grenzt an ein Wunder – zeigt aber auch, wie viel Vertrauen sich die Festivalmacher um Folkert Koopmans erarbeitet haben.
Seit 1997 hatte Scheeßel also wieder ein Musikfestival, und zwar eines, das nicht durch Skandale, sondern schon in seinen frühen Jahren durch legendäre Shows von Acts wie David Bowie, The Cure, Muse oder Placebo für Schlagzeilen sorgte. Interessante Geschichten lieferten aber seit jeher auch die Festivalbesucherinnen und -besucher. Nur eins von unzähligen Beispielen dafür war das genauso unerklärliche wie stattliche Loch auf dem Campingplatz, mit dem der Verursacher nicht nur beinahe sein Festivalwochenende, sondern auch die Südlink-Trasse verhindert hätte: Als Jasper den Betreibern ein paar Jahre später ein Foto des Lochs zeigte, sorgte das für ernsthafte Sorgenfalten bei den Planern. Nun werden die unter dem Eichenring geplanten Stromkabel übrigens extra gegen buddelnde Besucher abgesichert.
Jasper und Inga waren nicht die einzigen, die gute Geschichten auf Lager hatten. Viele Menschen aus dem Publikum haben den Abend genutzt, um eigene Anekdoten zu teilen: Zum Beispiel von spontanen Übernachtungsangeboten für elf Personen oder natürlich den berühmten Kettcar-Gepäckservice – in der Gemeinde Scheeßel hilft man sich eben.
Da der Abend mit Bowie seinen Anfang nahm, war es nur folgerichtig, ihn mit einer weiteren legendären Show enden zu lassen: Chester Bennington, Frontmann von Linkin Park, gab 2017 auf dem Eichenring traurigerweise eines seiner letzten Konzerte – ein weiterer Beitrag zur Festivalgeschichte, die aus großen Shows und unendlich vielen kleinen Geschichten besteht, die das Hurricane zu dem machen, was es ist: Ein ganz besonderer Ort zwischen Feldern und Wäldern, an dem sich jeder zuhause fühlen kann – egal ob Festivalneuling, Scheeßeler Urgestein oder international gefeierter Rockstar. Einmal im Jahr passt die Welt auf eine Wiese.
Ach so, falls jemand Helga gefunden hat: Inga und Jasper würden beim nächsten Hurricane-Abend sehr gerne erzählen, wo sie gesteckt hat. Und falls nicht: Gute Geschichten für eine Fortsetzung des Formats gibt es auch so genug.
Coverfoto: Robin Schmiedebach