Unzählige Kinder wurden dazu gezwungen, Blockflöte zu lernen, und in den meisten Fällen war das der Anfang vom Ende der Musikkarriere. Bei jules war es glücklicherweise andersrum, und auch mille hat ihren Sound seit Kindertagen perfektioniert. Gut für uns und ihre Fans! Beide Musikerinnen haben unseren Contest GAMECHANGER für sich entschieden und werden beim Hurricane und Southside auf zwei der größten Festivalbühnen Deutschlands stehen. Was ihre Musik ausmacht und warum die Förderung von Diversität insbesondere unter Newcomern wichtig ist, erzählen sie in unserem Blog.

Kraftvoll, aber präzise – und immer voller Verve: Jule Borchhardt alias jules hat eine Stimme, die genauso professionell wie wandelbar ist. Die Sängerin und Gitarristin aus dem Raum Stuttgart hat schon früh in vielen Genres überzeugt, ihre musikalische Heimat derzeit vor allem im Pop-Punk gefunden. Zufall? „Avril Lavigne war tatsächlich eines meiner frühen Vorbilder“, erzählt die heute 24-Jährige. „Gestartet bin ich im Indie-Pop, mein Klang war damals um einiges ruhiger. Heute klingen meine Songs druckvoller und gehen mehr nach vorne, verzerrte Gitarren feiere ich total.“ Hooks, die sofort ins Ohr gehen, darf man in diesem Genre erwarten, jules' Händchen für eine ausgeklügelte harmonische und strukturelle Dramaturgie ist genauso wie ihre Stimme hingegen alles andere als selbstverständlich. Über ihren Weg zur Musik lacht sie heute: „Meine Mum hat damals im Spaß gesagt, dass ich jedenfalls Blockflöte spielen können sollte, falls ich mal auf der Straße lande.“ Dass sie heute nicht in der Fußgängerzone steht, sondern die größten Bühnen der Republik erobert, liegt auch daran, dass sie schon früh genau wusste, was sie will: „Als ich mit 12 oder 13 dann mit Gitarre angefangen habe, war mir sofort klar, dass ich dazu auch singen will.“

Auf die Frage, ob sie noch viel Arbeit für ihren Gig auf dem Southside vor sich hat, muss sie laut lachen: „Ehrlich gesagt hatte ich meine Setlist schon zusammengestellt, bevor ich überhaupt gewonnen habe. So bin ich einfach, wenn ich ein Ziel vor Augen habe, stürze ich mich komplett rein!“ Richtig so! Hat ja auch hervorragend funktioniert.

Auch mille verbindet mit ihrer Teilnahme bei GAMECHANGER eine besondere Erinnerung: „Als Avril Lavigne als Headlinerin bestätigt wurde, habe ich die Ankündigung bei Insta geteilt und dazu geschrieben, wie großartig es wäre, auf demselben Festival spielen zu dürfen.“ Dass sich die 27-jährige Sängerin diesen Wunsch ein paar Monate später selbst erfüllen würde, hätte sie damals nie für möglich gehalten. „Dass ich gewonnen habe, ist schon krass, ich kann das noch gar nicht richtig einordnen. Das Hurricane ist schon eine riesige Nummer für uns, aber meine Band und ich wissen, was wir tun.“

Und was tun sie genau? Sie machen Musik, und zwar sehr gute. Denn auch milles Sound hat Anklänge von Pop-Punk, bringt mit seiner Verspieltheit aber vor allem neue Impulse für die Deutschpop-Welt. Ihre Texte sind Deutsch und nah an allem, was das Menschsein ausmacht: Persönliche Geschichten vom großen Glück oder Liebeskummer, zwischenmenschlichen Problemen oder gesellschaftlichem Druck. Melancholische Untertöne schimmern immer wieder durch, auch wenn ihre Songs konsequent tanzbar bleiben. „Am Anfang steht immer ein bestimmtes Gefühl. Das arbeite ich dann im Studio aus, bis es am Ende passt.“

Gezielte Nachwuchsförderung für mehr Diversität findet sie wichtig: „In der Musikbranche herrscht allzu oft eine Ellenbogen-Mentalität. In meinem Freundeskreis habe ich mehrere Flinta*-Artists, und wir versuchen uns immer gegenseitig zu unterstützen. Contests sind ein wichtiges Forum, um auf sich aufmerksam zu machen, und ein Festival bietet die Chance, viele Menschen zu erreichen, die sonst nicht zu deiner Kernzielgruppe gehören.“

jules pflichtet ihr bei: „Ich finde es richtig, dass das Thema Diversität wirklich mal im Vordergrund steht. Frauen sind auf den meisten Festivals nach wie vor unterrepräsentiert, obwohl sich in den letzten Jahren schon viel in dieser Hinsicht getan hat. Bookings müssen diverser werden, und Formate wie Gamechanger können dazu beitragen, dem Thema mehr Aufmerksamkeit zu schenken.“

Aufmerksamkeit, die beide ohne Frage verdient haben: mille wird Ende des Jahres ihre Debut-EP rausbringen und mit einem Release-Konzert feiern, eine Kostprobe dafür erscheint nur zwei Tage vor ihrem Auftritt auf dem Hurricane. Für jules wird es ebenfalls ein gutes Jahr: Eine neue EP steht vor der Tür – und ein Konzert auf der Jazzopen Stuttgart als Support für niemand Geringeren als Lenny Kravitz.