Sauberes Wasser ist die Basis für Wohlstand und Bildung – aber in vielen Ländern Afrikas oder Asiens noch nicht selbstverständlich. Viva con Agua möchte das ändern. (Foto: Lea May für Viva con Agua)

Viva con Agua hat in seiner dreizehnjährigen Arbeit für sauberes Trinkwasser schon vieles erreicht: Der vom Ex-Pauli-Spieler Benjamin Adrion gegründete gemeinnützige Verein hat in dieser Zeit mehr als 10 Millionen Euro Spenden gesammelt, das Leben von 3 Millionen Menschen in mehreren Ländern nachhaltig verbessert, eine Wasser- und Klopapier(!)-Marke erfolgreich als Social Business aufgezogen und ausgegliedert, die Kunstwelt bereichert und ganz nebenbei unzählige Male bewiesen, wie positiv und unbekümmert „Helfen“ sein kann. Dafür haben wir großen Respekt – und sind gleichzeitig stolz, seit mehr als 10 Jahren Teil dieses Erfolges zu sein. Ein guter Zeitpunkt, mal bei einem Wässerchen nachzufragen, was sich die Mitglieder des Netzwerks so für die nächsten zehn Jahre vorgenommen haben – und warum sie das Wort "Hilfe" eigentlich gar nicht so gerne mögen.

Über das, was die Arbeit von Viva con Agua (VcA) anders macht, muss Claudia Gersdorf nicht lange überlegen: "Wir vermeiden Worte wie 'Hilfe' oder 'Entwicklungshilfe'", erklärt die VcA-Pressesprecherin. "Wir holen vor Ort lieber erst mal einen Fußball raus oder machen Kunst und Musik. So entsteht sofort eine Verbindung zur lokalen Bevölkerung, ohne Gefahr zu laufen, sie von oben herab zu belehren oder zu bevormunden." Doch bevor es so weit ist, muss eine Menge passiert sein: Die Projektarbeit setzt früher ein, und zwar nicht allein in Uganda, Äthiopien und anderen Ländern, sondern direkt hier – vor unserer Haustür, oder in Clubs, Galerien und unseren Büros.

Claudia Gersdorf verantwortet die Kommunikation von VcA. (Foto: Stefan Groenveld für Viva con Agua)

Durch verschiedenste Aktionen und Projekte generieren VcA Supporter in einem deutschlandweiten Netzwerk ehrenamtlich Aufmerksamkeit und Spenden. Dafür besuchen sie unter anderem Konzerte und Festivals, um Pfandbecher zu sammeln, halten Vorträge an Schulen und Universitäten, arbeiten mit Unternehmen zusammen und werben überall für ihre Vision, wo kreative Ideen möglich sind, zum Beispiel im Stadion des FC Sankt Pauli während der Millerntor Gallery. Egal, wie die unterschiedlichen Aktionen aussehen, das endgültige Ziel ist immer gleich: Alle Menschen weltweit sollen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben: Unter dem Motto "Wasser für alle – alle für Wasser" fließen so Gelder  in WASH-Projekte in immer mehr Ländern. WASH steht für Wasser, Sanitär und Hygiene und verbessert so die Lebensumstände von zahlreichen Menschen langfristig. Allein auf den Festivals und Konzerten von FKP Scorpio sind in 2018 rund 170.000 Euro zusammengekommen, mit denen beispielsweise Brunnen, Latrinen, Quelleinfassungen, Regenauffanganlagen gebaut werden.

Mit Musik und Party Gutes tun: VcA und FKP Scorpio arbeiten seit mehr als zehn Jahren gemeinsam an einem Fundraising, das nicht auf traurige Bilder sondern auf Fröhlichkeit und Hoffnung setzt.

"Wir bohren aber nicht einfach Brunnen", so Gersdorf. "Es ist für unsere Arbeit zentral, die Bevölkerung vor Ort von Anfang an in die Projekte einzubinden und sie selbst über die Maßnahmen entscheiden zu lassen, die ihnen am wichtigsten sind. Die Menschen in Äthiopien oder Nepal sind die Experten, planen die Projekte und setzen die Baumaßnahmen in die Tat um." Die universellen Sprachen Sport, Musik und Kunst sind für die Verbindung zwischen Viva con Agua und den Projektländern die Türöffner. Langfristiges Engagement wird sichergestellt, indem die Gemeinschaften vor Ort neben der Planung auch die Instandhaltung der Trinkwasserprojekte eigenständig übernehmen. Dafür sammelt ein sogenanntes WASH-Komitee einen Wassercent pro Entnahme – eine eigene Kasse für eventuelle Reparaturmaßnahmen. VcA ist langfristig dabei, aber vor allem als beratender Partner und Investor, nicht als Kontrolleur. "Für mich war es ein Schlüsselerlebnis, das erste Mal zu sehen, wie Ideen wirklich aus den Gemeinschaften kommen, anstatt von NGOs (Nichtregierungsorganisationen) vorgegeben zu werden. Ich hatte unter anderem in Äthiopien das Vergnügen, an einer Sitzung des dortigen WASH-Komitees teilzunehmen. Das Projekt lief hervorragend, es war sogar noch Geld übrig. Ein Mitglied des Komitees hat dann vorgeschlagen, neben dem Brunnen auch noch eine öffentliche Dusche zu bauen, die die Situation im Dorf nachhaltig verbessert."

Natürlich läuft nicht immer alles rund: "In der Entwicklungszusammenarbeit gibt es auch mal ungeplante Herausforderungen. Aber wir sind daran interessiert, aus ihnen zu lernen und offen darüber zu sprechen, insbesondere mit den Leuten vor Ort. Ohne Ehrlichkeit gibt es keine Partnerschaft auf Augenhöhe."

Ohnehin sieht Gersdorf keinen Grund, sich auf den bislang erzielten Erfolgen auszuruhen: Bei aktuell 582 Millionen Menschen, die über keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser verfügen und bei rund 2,4 Milliarden Menschen, denen eine sanitäre Basisversorgung verwehrt ist, besteht nach wie vor Handlungsbedarf. "Für die Zukunft sehe ich uns in jedem unserer Projektländer als eigenständige Organisation, so wie in Uganda. Außerdem hoffe ich, dass wir die Öffentlichkeit weiterhin dafür sensibilisieren können, dass man humanitäre Ungerechtigkeiten nicht allein mit Geld lösen kann. Dafür ist es auch wichtig, dass wir noch bewusster über unser Afrika-Bild reflektieren und uns von alten Vorurteilen loslösen. Wer einmal in Ländern wie Kenia, Uganda, Äthiopien, Burkina Faso war, sieht, wie reich dieser Kontinent an verschiedensten Kulturen, Ideen und Projekten ist – ein Potenzial, in das gezielt und auf Augenhöhe investiert werden muss anstatt ausschließlich Spenden zu verteilen."

Es bleibt also noch viel zu tun. Wir freuen uns auf die nächsten zehn Jahre mit Viva con Agua!